Monika Verbalyte, M.A.
M.A. Monika Verbalyte
seit Oktober 2015 wissenschaftliche Mitarbeiterin im DFG-Forschungsprojekt "Das Europa der Leute. Interaktion und Identität der EU-Bürger zwischen Nationalstaat und Weltgesellschaft", Lehrstuhl für Makrosoziologie, Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg
Forschungsinteressen: Soziologie der Emotionen, Europäische Soziologie, Politische Psychologie, Politische Soziologie, Politische Kommunikation, Kultursoziologie, Diskursanalyse, Netzwerkanalyse
Wissenschaftlicher Werdegang
seit Oktober 2011 Doktorandin, Institut für Soziologie, Freie Universität Berlin
Dissertationprojekt "Die emotionale Dynamik des politischen Skandals" (Betreuer: Prof. Dr. Christian von Scheve, Prof. Dr. Rainer Schützeichel)
2008-2010 M.A. Soziologie - Europäische Gesellschaften, Freie Universität Berlin
2003-2007 B.A. Politikwissenschaft, Universität Vilnius, Litauen
Berufserfahrung
2013-2014 wissenschaftliche Hilfkraft für Datenanalysen, Projekt MEMO (Monitoring Exchange Mobility Outcomes), CHE Consult, Berlin
2009-2012 studentische Hilfskraft, Projektgruppe „Verehrung und Bewunderung“, Cluster „Languages of Emotion“, Freie Universität Berlin
2011-2012 studentische Hilfskraft, GIB Gesellschaft für Innovationsforschung und Beratung mbH, Berlin
2008 Expertin an dem wissenschaftlichen-öffentlichen Projekt ,,Die Auswahl der BürgerInnen - Analyse der Wahlprogramme der Parteien“, Institut für Internationale Beziehungen und Politikwissenschaft, Universität Vilnius, Litauen
2006 Studienpraktikum, Präsidialamt Litauens
Stipendien und andere Auszeichnungen
2012-2015 Promotionsstipendium der Friedrich-Naumann-Stiftung
2008-2010 DAAD-Stipendium für das Masterstudium
Andere Aktivitäten und Mitgliedschaften
European Sociological Association RN Sociology of Emotions
European Consortium of Political Research SG European Union, SG Political Psychology, SG Political Networks
Deutsche Gesellschaft für Soziologie Sektion Europasoziologie und Sektion Soziologische Netzwerkforschung
Abstract
Ein Skandal wird durch die von ihm ausgelöste öffentliche Empörung bestimmt. Die Theorie des politischen Skandals behauptet, dass es ohne intensive Entrüstung keinen richtigen Skandal geben kann. Auf die Natur dieser für den Skandal grundlegenden Emotion wird jedoch kaum eingegangen. Darin scheint die Empörung eine automatische Reaktion der BürgerInnen auf den Normverstoß zu sein. Diese Auffassung des Ärgers steht aber im klaren Widerspruch zu der von der Theorie des politischen Skandals selber vertretenen Idee, dass der politische Skandal ein durch Medien definiertes und vermitteltes Ereignis ist, was klar darauf hinweist, dass die genannte Empörung nicht (nur) als eine spontane Reaktion auf das skandalöse Ereignis aufzufassen ist, sondern (auch) als eine lenkbare Größe, die im Skandal nicht immer von Anfang an präsent ist, sondern die es hervorzurufen, zu intensivieren und zu legitimieren gilt.
Mittels einer Diskursanalyse der Online-Berichterstattung während zwei deutscher politischer Skandale (Wulff und Guttenberg) soll aufgezeigt werden, wie Medien die Emotionen der BürgerInnen handhaben. Zuerst wird in ihnen der Ärger als moralische Empörung etabliert. Dafür wird die Verantwortungszuschreibung nicht nur in Bezug auf die verletzte Norm, sondern auch auf andere wichtige moralische Prinzipien artikuliert, z.B. der Erhabenheit des Amtes. Darüber hinaus wird versucht, die Anschuldigungen immer nur als aus guten Intentionen und objektivem Interesse an Gerechtigkeit stammend und nicht als durch politische Bindungen bedingt darzulegen. Im Gegensatz dazu versuchen die Verteidiger des Skandalisierten, die Ehrlichkeit der Skandalisierenden zu hinterfragen und zu beweisen, dass ihre Anschuldigungen sehr wohl auf politisch partikularen Interessen basieren. Und sogar wenn die Anhänger des Skandalisierten die Wichtigkeit der verletzten Norm anerkennen (sollten), können sie immer noch die Anwendung der Norm im vorliegenden Fall bestreiten.
Wenn jedoch die öffentliche Empörung stark genug ist, werden alternative Stimmen im Diskurs ausgeschlossen. Dies ist besonders in späteren Phase eines Skandals der Fall, wenn der Normbruch in der Persönlichkeit des Skandalisierten verankert wird, und Verachtung statt Ärger anfängt, den Diskurs zu dominieren. Nicht nur böse Absichten, sondern auch Inkompetenz und Unfähigkeit werden dem Skandalisierten zugeschrieben. Der Politiker wird beschämt, erniedrigt, verspottet, um letztendlich aus der Politik verstoßen zu werden. Logischerweise können seine Entschuldigungen nicht mehr für aufrichtig und authentisch gehalten werden, wenn Politiker komplett diffamiert wurde, und sein Rücktritt wird als die einzige Lösung der Situation dargestellt.
Die rücksichtslose Degradierung des Skandalisierten führt jedoch auch dazu, dass einige anfangen, ihn zu bemitleiden. Sie durchbrechen den Zirkel der selbsterfüllenden Verachtung (schlechte Tat-schlechter Mensch-zu keinen guten Handlungen mehr fähig), indem sie andere Gerechtigkeitsprinzipien in den Vordergrund stellen als jene, die vom Skandalisierten verletzt wurden, und den Skandalisierenden vorwerfen, diese missachtet zu haben, z.B. werden die Konsequenzen der Normverletzung als disproportional und unfair dargestellt. Die Sympathie mit dem Skandalisierten gilt jedoch bis zum Ende des Skandals als eine abweichende Emotion, und nur nachdem der Skandal durch Rücktritt gelöst wurde, kann sie als Zeichen der Versöhnung wieder als legitim anerkannt werden.
Artikel
Deutschmann, Emanuel; Delhey, Jan; Verbalyte, Monika; Aplowski, Auke (2018): The Power of Contact: Europe as a Network of Transnational Attachment. in: European Journal of Political Research, 57(4): 963-988.
Verbalyte, Monika; Scheve, Christian von (2018): Feeling Europe: Political Emotion, Knowledge,and Support for the European Union. in: Innovation: The European Journal of Social Science Research, 31(2): 162-188.
Bücher
Delhey, Jan; Deutschmann, Emanuel; Verbalyte, Monika; Aplowski, Auke (2020, im Erscheinen): Netzwerk Europa: Wie ein Kontinent durch grenzenüberschreitende Mobilität und Kommunikation zusammenwächst. Wiesbaden: Springer. Projekt-Internetseite: http://www.network-europe.eu/.
Buchbeiträge
Verbalyte, Monika (2020, im Erscheinen): Evoking Forgiveness Without Apology? Emotional Anatomy of the Political Resignation. in: André Haller, Hendrik Michael (Hrsg.): Cultures of Scandals Scandals in Cultures. Köln: Halem.
Delhey, Jan; Verbalyte, Monika; Aplowski, Auke; Deutschmann, Emanuel (2019): Free to Move: The Evolution of the European Migration Network, 1960-2017. in: Martin Heidenreich (Hrsg.): Horizontal Europeanisation: The Transnationalisation of Daily Life and Social Fields in Europe. London/New York: Routledge: 63-84.
Verbalyte, Monika (2018): Deconstruction of the Emotional Logic of Political Scandal. in: André Haller, Hendrik Michael, Martin Kraus (Hrsg.): Scandalogy: An Interdisciplinary Field. Köln: Halem: 63-88.
Delhey, Jan; Verbalyte, Monika (2016): Soziales Vertrauen: Wissenswertes zu einer zentralenzwischenmenschlichen und gesellschaftlichen Ressource. in: Bertelsmann Stiftung (Hrsg.): Der Kitt der Gesellschaft: Perspektiven auf den sozialen Zusammenhalt in Deutschland. Gütersloh: Verlag der Bertelsmann Stiftung: 71-104.
Verbalyte, Monika (2016): Critical Role of Emotions in Media Events: Anger Dynamics in Political Scandals. in: Andrew Fox (Hrsg.): Global Perspectives on Media Events in Contemporary Society. Hershey: Information Science Reference: 41-58.
Beiträge in Konferenzbänden
Verbalyte, Monika (2015): Die Dynamik der Empörung im politischen Skandal. in: Verhandlungen der Kongresse der Deutschen Gesellschaft für Soziologie. Bd. 37: Routinen der Krise Krise der Routinen. (Online-Publikation)
Book reviews
Verbalyte, Monika (2018): Book review of Gefühle im Prozess der Migration. Transkulturelle Narrationen zwischen Zugehörigkeit und Distanzierung by Yvonne Albrecht (Wiesbaden: Springer, 2017). in: Digithum, 22. (Online-Publikation)